Predigt 1.7: Totengedenken mit Hinz&Kunzt 2017

Bald ist es wieder soweit: meine Gedanken sind schon mit der Planung für das Gedenken an verstorbene wohnungslose Menschen am Hinz&Kunztbaum beschäftigt. Und ich erinnere mich gern an die Gedenkfeiern vergangener Jahre. Z.B. an die folgende Predigt aus dem Jahr 2017. 2 Texte liegen ihr zugrunde: das Gedicht „Herbst“ von Rainer Maria Rilke und aus dem Johannes-Evangelium im 14. Kapitel die Verse 1 – 6

Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten.
Sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen.
Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andere an:
Es ist in allen.

Doch ist da einer,
welcher dieses Fallen
unendlich sanft
in seinen Händen hält.

„Jesus sagt zu seinen Freunden: Seid ganz ruhig. Habt eine Angst! Glaubt an Gott! Und glaubt an mich!  Gott ist mein Vater und bei ihm sind viele
Wohnungen. Das ist sicher wahr.  Ich gehe jetzt weg. Denn ich bereite bei Gott  einen Raum für jede und jeden vor. Damit ihr wohnen könnt, wo ich wohne. Ihr kennt ja den Weg, den ich zu Gott gehe. Doch ein Freund von Jesus, Thomas, kann das nicht verstehen. „Woher sollen wir denn wissen, wohin du gehst?“ – fragt er. Jesus antwortet: Zu Gott kommst du, wenn du an mich glaubst. Ich bin der einzige Weg zu Gott.“

Alle Menschen machen sich wohl so ihre Gedanken, was kommt danach? Was wartet nach dem Tod auf uns?  Würmer und Verwesung? Aus und Vorbei?  Oder irgendein Himmel, ein Paradies? Die meisten Menschen haben so ihre ureigenen  Bilder für dieses „Danach“. Dazu muss man auch gar nicht gläubig sein. Bilder vom Paradies…Von einem wunderschönen Garten…. Von einem Land, wo Milch und Honig fließen, von ewiger Glückseligkeit, mit den dazugehörenden bildhübschen jungen Frauen, ….wiedergeboren werden – vielleicht als Tier?

Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt!!!

Jesus spricht auch vom „Danach“ – allerdings mit einem ganz andren Bild! Mit dem Bild eines Hauses:  in dem sind viel Wohnungen!
Das Paradies also ist: ein Dach über dem Kopf zu haben! Ich denke, für viele Menschen hat das Bild von einem Haus mit Dach und Wohnungen gar nichts Paradiesisches! Es ist einfach selbstverständlich!! Dass das gar nicht so selbstverständlich ist, bezeugen Sie!  Und wenn einer die Sehnsucht nach diesem Paradies nachempfinden kann, dann ebenfalls Sie. Zusammen mit allen anderen Menschen auf der Erde, die kein Dach über dem Kopf haben:  sei es durch Flucht, durch Krieg, durch Naturkatastrophen oder Schicksalsschläge, die in Obdachlosigkeit münden.
Das Paradies also ein Haus! Ein Zimmer, das mir ganz allein gehört! Wo ich so sein kann, wie ich bin! Privatsphäre und Identität: ich, aber nicht ich
allein! Denn da sind Nachbarn!  Einsamkeit ist im Haus Gottes fremd!  Und Jesus wohnt auch da! Hat jeden Raum vorbereitet!  Für uns! Eines Tages darf ich im Haus Gottes sicher wohnen!
Der Tod in diesem Bild ist kein Fallen,  wie bei Rilke und seinen Herbstblättern,  der Tod in diesem Bild ist ein Umzug. Ein Einzug in die eigenen kleinen 4 Wände bei Gott! Können wir das glauben?  Können wir das begreifen? Thomas kann das nicht und ich denke, wir alle können uns immer wieder mal an Thomas‘ Seite stellen.
Aber das Haus Gottes ist nicht nur Sehnsuchtsort, nicht nur unbegreifliche Ewigkeit,sondern auch Auftrag: hier und jetzt für alle Menschen ein Dach über den Kopf zu schaffen!
Einen eigenen geschützten Raum. Wohnen ist Menschenrecht!  Und für dieses Menschenrecht steht Hinz&Kunzt. Steht jeder einzelne Verkäufer, jede
Verkäuferin! Trotz aller Zweifel glauben wir an das Haus Gottes und bauen jetzt schon mit an seiner Verwirklichung!
Und dazu gehört jetzt und hier auch ein Raum der Trauer und des Gedenkens. Wir gedenken der Freunde und Kumpel, die schon umgezogen sind zu Gott. Und mitten in unsere Fragen und Zweifel spricht Jesu:
„Habt keine Angst! ich kann euch beruhigen: eure Freunde sind bei Gott gut untergekommen! Mit mir zusammen haben sie ein neues, ewiges zuhause!“ Amen.

Ewigkeitsonntag 2017
am Hinz- und Kunztbaum/bzw. unterm
Holzpavillion

 

Kommentare zum Beitrag

Stefan Stapel
am 24. Oktober 2019 um 19:58 Uhr

Hallo liebe Frau Pastorin Erler,
hallo liebe Leserinnen und Leser,

dass jeder Mensch, ganz gleich wer er war und wie er gelebt hat, von der Kirche ein Gebet und eine Segnung für seinen letzten Weg erhält, berührt mich wirklich.

Ich danke dafür!

Ich erinnere mich dabei an eine Szene aus dem Monumentalfilm „König der Könige“, die mich ebenfalls berührt hat:

Eine Botin klopfte an die Tür des Hauses von Maria und Josef.

Maria war da, die Botin brachte ihr eine Information über ihren Sohn Jesus.

Maria sagte; „Komm herein und sei Gast an meinem Tisch!“

Die Botin sagte: „Ich bin eine Sünderin, ich bin nicht würdig, Gast an Deinem Tisch zu sein.“

Maria entgegnete: „Ich sagte doch, kom herein und sei Gast an meinem Tisch!“

Vielleicht dürfen wir ja alle in Gottes Reich einmal Gast an Marias Tisch sein.

Es wäre mir eine unbeschreiblich große Ehre.

Viele Grüße, alles Gute

Stefan Stapel

Kommentieren Sie

Name:
E-Mail (wird nicht veröffentlicht):
Kommentar: