Bevor ich sterbe, möchte ich……Before I die I want to…..Antes de morir quiero……. (kji e rro) …………italienisch lernen…..einen Kuhstall besitzen……repair my broken heart…..find out who I am….disfrutar cada momento…..tener una familia…….Kinder bekommen………..ein Buch schreiben…..Compose a beautiful song…….be a great Mom just like mine……..Paz mundial………tener talento y pasion: dos claves para el exito……Fallschirmspringen……..pures Glück erleben……eat a salad with an alien…….understand the theory of relativity…..Ver el mundo……..ver la aurora boreal…..dies sind nur ein paar Beispiel-Antworten, in nur 3 Sprachen, die die Kunst-und Mitmachaktion „Before I die“ weltweit in den letzten 6 Jahren hervorgebracht hat!!
Wenn ich ein paar mehr Sprachen könnte, hätte ich das pfingstliche Sprachenwunder noch lebendiger machen können!!
Als vor 6 Jahren die USamerikanische Künstlerin Candy Chang, nach dem Verlust eines lieben Menschen, ihre Trauer in diese Aktion übersetzte, hat sie offensichtlich den Nerv unserer Zeit getroffen! Auf alle Fälle einen ganz existentiellen Nerv! Wir reden nicht gern über den Tod.
Was möchte ich noch tun, unbedingt noch erleben, bevor ich sterbe, diese Frage allein ist schon bedrängend! „Nicht-an-den-Tod-denken“ scheint das Mantra unsrer Zeit zu sein…der Tod ist zu schlimm….zu radikal zu traurig…. dafür ist immer noch Zeit, wenn wir alt sind…..und älter werden wir ja immer mehr, dank Lebensstandard und medizinischem Fortschritt.
So hat auch Candy Chang gedacht, bis jemand, der ihr nahe stand starb. Und dann hat sie etwas existentiell Wesentliches entdeckt: „Wenn ich mich auf den Tod einlasse“ -so schreibt sie im Vorwort zu einem dicken Buch über ihre weltweite Kunstaktion- „dann werden alltägliche Dinge, die mich stressen, materielle Dinge auch, plötzlich ganz klein! Sie reduzieren sich auf die Größe -oder besser Kleinheit- die ihnen wirklich zukommt.
Stattdessen werden die Dinge, die meinem Herzen wirklich wichtig sind und die oft genug untergehen im Alltag, richtig groß in ihrer ganzen Bedeutsamkeit. Immer schob ich das Denken an den Tod vor mir her….., als ich es endlich wagte, habe ich Klarheit und Trost gefunden. Damit hatte ich nicht gerechnet!“
Beim Lesen dieses Vorworts musste ich an den 90. Psalm denken: „Gott, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir klug werden.“
Ein Stück klüger, lebensweiser ist Candy Chang wohl geworden und sie hat einen Stein ins Wasser geworfen, der weltweit Kreise gezogen hat.
Sicherlich,…….. es hat etwas Spielerisches: ……auf der Straße…am Rand einer Kirche….auf dem Friedhof…an einer Häuserwand vorbeizugehen….auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule oder zum Einkauf oder zum Rendezvous oder, oder, oder und an so einer Tafel vorbei zu kommen und etwas drauf zu schreiben: Before I die, I want to….bevor ich sterbe, möchte ich….“
Spontan….angeregt durch das, was schon drauf steht, fällt mir ein Lebenswunsch ein, über den ich mir sonst vielleicht gar keine Gedanken mache!…GUT SO !
Diese Aktion kommt mit einer Leichtigkeit daher, einem Schwung, der sicherlich völlig fehlt, wenn eine Ärztin tatsächlich zu mir sagt „Sie haben Krebs. Regeln sie Ihre Dinge. Wir können nichts mehr für Sie tun“. Ja, die Aktion hat etwas Spielerisches, aber das mindert nicht ihren Wert!
Wer weiß, was das vorübergehende, spontane Aufschreiben so eines Wunsches in mir weiterhin freisetzt? Candy Chang plant ihr nächstes Projekt: über ihre Webseite sucht sie Menschen, die ihr erzählen, was aus dem damals aufgeschriebenen Wunsch inzwischen geworden ist.
Ist da dieser Jemand wirklich zum Besitz eines Kuhstalls gekommen? Ist das gebrochene Herz inzwischen repariert?
Vielleicht wirkt dieser Satzanfang „Bevor ich sterbe, möchte ich…“ sogar weiter in den Menschen, die kopfschüttelnd an der Wand vorübergehen und nichts aufschreiben, weil sie denken „was für’n Quatsch“…..und dann später….abends zu Haus….kommen so Gedanken…..wer weiß? Der Geist weht wo er will – immerhin feiern wir Pfingsten und gerade beim Denken an den Tod können wir die göttliche Geistkraft gut gebrauchen. Als Trösterin…als Mutmacherin….als Mahnerin und Warnerin….
Denn eigentlich wissen wir es ja: unser Leben ist endlich! Genauso mahnt Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Thessaloniki:
„Ihr wisst es doch selbst ganz genau, dass der Tag des Herrn so unvorhergesehen kommt wie ein Dieb in der Nacht. Wenn die Menschen sagen werden: „Alles ist ruhig und sicher“ und >>Morgen ist auch noch ein Tag<<, wird plötzlich Gottes Kommen über sie hereinbrechen, so wie die Wehen über eine schwangere Frau. Da gibt es kein Entrinnen.“ Alles, was lebt, muss einmal sterben. Geburt und Tod sind 2 Seiten derselben Medaille!
Die Endlichkeit macht jeden unserer Lebensmomente unendlich kostbar. Stellen Sie sich vor, wir würden ewig leben. Dann hätte alles ja noch 1000 Jahre Zeit. Nichts würde uns antreiben.
Vieles, was uns wichtig ist, könnte mit gutem Gewissen noch auf die lange Bank geschoben werden. (Tun wir ja so schon mit einer Lebensspanne von 70, 80, 90 Jahren. Aber vielleicht mit einem schlechten Gewissen) Meinem Liebsten sagen, dass ich ihn liebe? Warum denn….geht auch in 100 Jahren noch!
Ja, die Beschäftigung mit dem Tod fällt schwer. Und doch tut es soooo gut, sich mal über Lebensträume und -wünsche Gedanken zu machen.
Nicht jeder Wunsch wird sich erfüllen lassen….manches kann ich selbst in die Tat umsetzen…reisen z.B. Der Wunsch aber z.B., Großmutter zu werden, hängt nicht von mir ab. Trotzdem kann ich ihn haben.
Manche Träume bleiben Träume….dann gehören Versöhnung und Abschiednehmen dazu, damit ich nicht bitter werde.
Wie oft bekomme ich bei Trauergesprächen zu hören: „wir wollten doch noch….“ „ach, hätten wir doch noch….“ „O, wäre doch dieses oder jenes noch möglich gewesen!……“
In Schottland, wo ich ja auch mal Pastorin war, gibt es ein Sprichwort: „Man bereut im Leben nicht das, was man getan hat, sondern das, was man nicht getan hat!“ Und wer seine Lebenswünsche angesichts des Todes herausfindet und formuliert, der hat schon den 1.Schritt getan: weg vom Bereuen, hin zum erfüllten Leben! Ganz ähnlich wie Paulus formuliert (wie wir ja vorhin gehört haben):
„Deshalb verpassen wir nicht unser Leben und dämmern wie im Schlaf dahin, oder wie im betrunkenen Rausch, sondern wir wollen wach und nüchtern sein. Denn wir gehören dem hellen Tag und kleiden uns für ihn mit Glauben und Liebe und Hoffnung.“
In 3 Wochen ist Johannistag, benannt nach Johannes dem Täufer, dem Wegbereiter für Jesus. In der Kunst wird er oft wie ein Wegweiser dargestellt: mit ausgestrecktem Finger auf Jesu weisend. Und in der Mitte des Jahres am 24. Juni weist er wieder auf Jesus hin: Halbzeit! In 6 Monaten ist Weihnachten! In der Mitte des Jahres ein Wegweiser hin auf das was wir doch wissen: bald feiern wir wieder Jesu Geburt.
Aber genauso: in der Mitte unseres Lebens, auf der Höhe der Zeit ein Wegweiser auf das was wir doch auch wissen: deine Zeit hier auf Erden wird weniger! Wir wissen es und doch, wenn’s kommt, kommt es so überraschend und plötzlich! Wir brauchen den Wegweiser….den Mahner….die Erinnerung an das, was eigentlich klar ist. Paulus gebraucht das Bild von den Geburtswehen: da gibt es den errechneten Stichtag, frau weiß: sie geht zu Ende die Schwangerschaft und doch…. wenn sie dann losgehen, die Wehen ist es so überraschend und plötzlich!
Als wär man/frau überhaupt nicht vorbereitet.
Das ist beim Sterben kaum anders.
Deshalb ist es gut, sich mitten im Leben über die eigenen Träume und wünsch klar zu werden….
Deshalb ist es gut, nicht dahin zu dämmern und alles für selbstverständlich zu halten…..
Deshalb ist es gut, die Kostbarkeit eines jeden einzelnen Lebensmomentes auszukosten….
Deshalb ist es gut, wenn Sie an der Tafel „Before I die….bevor ich sterbe, möchte ich“ vorüber kommen, was drauf zu schreiben!
Denn Paulus Worte gelten ja auch für uns:
„Ihr aber lebt ja nicht in dunkler Unwissenheit, Brüder und Schwestern, so dass euch der Tag des Herrn wie ein Dieb überraschen könnte. Ihr alle seid vielmehr Menschen, die in Weisheit dem Licht und dem Tag angehören.“ Amen
Predigt zum Eröffnungsgottesdienst
„Before I die….bevor ich sterbe möchte ich…“
Pfingstmontag 2017 Philippuskirche