Wer mich kennt, weiß, dass ich ganz und gar anglophil bin. Immer wieder zieht es mich nach Großbritannien: letzten Sommer nach Schottland,
im Frühjahr davor nach London. In London gibt es ja soooooo viel Interessantes zu sehen, da musste ich Schwerpunkte setzen und hatte die Reise voller Vorfreude gut geplant….Unbedingt wollte ich ins Natural History Museum.
Dieses wunderbare Naturwissenschaftliche Museum ist bei Kindern und Jugendlichen für seine Dinosaurierskelette beliebt !!…..
………und führt in einer beeindruckenden Ausstellung in die Evolution des Menschen, ja der Existenz unseres ganzen Planeten ein.
Schritt für Schritt konnte ich da von Raum zu Raum durch die verschiedenen Entwicklungsphasen der Evolution wandeln, als eine große Überschrift mein Augenmerk gefangen nahm:“nothing is certain except change“……..auf Deutsch: Nichts ist sicher, nur der Wandel!!!! Der Wandel ist die einzige Beständigkeit in der Welt…in unserem Leben……Alles, was ist, ist geworden…..durch Evolution……durch Wandel…durch Veränderung und Entwicklung. Alles, was ist, wird Morgen nicht mehr so sein. Damit meine ich nicht nur den morgigen Montag, sondern überhaupt die Zukunft.
Das ist die Basis unserer Existenz: Wandel….veränderung….Verwandlung und deshalb findet sich in einem natur-wissenschaftlichen Museum mit Recht so ein philosophischer, ja theologischer Satz: Nichts ist so sicher wie der Wandel! Das bekennen auch wir Christen, wenn wir Gott als den Ewigen loben: nur Gott ist ewig, alles andere ist dem Wandel unterworfen. Und sogar der Tod, den wir gemeinhin für das Ende halten, ist durch Jesu Tod und Auferstehung entlarvt als wiederum eine große Wandlung hinein in Gottes zukünftige Welt. Deshalb feiern wir Ostern.
Und deshalb kann Martin Luther, der uns vielleicht seit dem 500jährigem Reformationsjubiläum wieder etwas näher gekommen ist, den Tod mit einer neuen Geburt gleichsetzen: Zitat: „Und es geht hierzu, gleich wie ein Kind aus der kleinen Wohnung seiner Mutter Leib, mit Gefahr und Ängsten geboren wird auf diese Erde und unter diesen weiten Himmel; also geht der Mensch durch die enge Pforte des Todes in den nächsten Himmel.
Und wie wohl der Himmel unter dem wir jetzt leben groß und weit ist, so ist er doch eng und klein gegen den zukünftigen Himmel; genauso wie der Leib der Mutter eng und klein ist gegen unseren gegenwärtigen Himmel.“
Auch das Jubiläumsjahr 2017 hat ja etwas Neues geboren: einen neuen Feiertag! Regelmäßig freuen sich viele Menschen nun über den freien 31. Oktober!! Wer hätte das gedacht?! Nach der Abschaffung des Buß-und Bettages und dem Diktat der Ökonomie, dass freie Tage zu teuer sind und wir die uns gesamt- gesellschaftlich nicht leisten können, hätte ich eher gedacht, dass es weiter bergab geht mit der Anzahl staatlicher freier Feiertage!
Doch zurück zu Luthers Bild vom Tod als neuer Geburt, als dunklem, engen Weg hin zu einem Himmel, der noch viel größer und freier ist, als der Himmel, den wir hier auf Erden erleben dürfen. Gott also führt in die Weite, schenkt immer wieder einen neuen Anfang, sogar nach dem Tod hat er noch etwas vor mit uns! Dafür steht die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. Tod und Auferstehung: eine neue Geburt, eine Verwandlung, die wir weder verstehen, noch ahnen und schon gar nicht in Worte fassen können, sondern die uns nur in Bildern nahe kommt, und ein Bild habe ich Ihnen heute mitgebracht: einen Schmetterling!
Sei der Antike ist der Schmetterling Symbol für Entwicklung und Verwandlung und im Christentum wurde er schnell zum Symbol für Auferstehung. Bei dem Schmetterling auf der Postkarte handelt es sich um ein Reliquiar aus der Regensburger St. Jakobs-Kirche. Eingearbeitet hinten in das hölzerne Kruzifix über dem Altar. Es ist spätgotisch, aus vergoldetem Silber und genauso kunstvoll, wie prunkvoll verziert.
Auf der Rückseite sind kleine Fächer für die Reliquien (z.B. ein Splitter aus dem Kreuz Jesu oder der Blutstropfen eines heiligen Märtyrers) und vorne ist in die Emailarbeit die Kreuzigungsszene eingebettet. Jesus am Kreuz bildet die Mitte, das Rückgrat des Schmetterlings. So ein Schmetterling ja nicht immer schon da, sondern ist das Ergebnis vielfältigen Wandels:
- aus dem Ei kommt erst mal die Raupe.
- nach 2-3 Monaten verpuppt sich die Raupe in einen Kokon, den wir auch Puppe nennen und die hinter dem Kreuz Jesu auch angedeutet ist.
- aus der Hülle der Schmetterlingspuppe entfaltet sich am Ende ein Schmetterling, oft in unendlicher Schönheit und Farbenpracht verglichen mit der unscheinbaren braunen Puppe vorher, die in der Theologiegeschichte immer wieder mit dem in Tücher gewickelten Leichnam Jesu in Verbindung gebracht wird, denn gewickelt sieht so eine Puppe irgendwie aus.
Verwandlung ist der Sinn des Schmetterlingslebens und auch Gott hat mit uns Verwandelndes vor. Das ist das Geheimnis unsres Glaubens. Das ist der Grund unserer Hoffnung.
Es ist nicht einfach alles aus, vergeblich und vorbei, nach dem Motto: das war’s dann. Nein, wir werden verwandelt. Gott fängt immer wieder neu mit uns an! Und manchmal gibt es so eine Ahnung davon, wie es sein könnte, dieses Gefühl wie neu geboren: Verliebte spüren es, diese unbändige Lust am Leben und Vitalität, die alle Sorgen ganz klein werden lässt und erstaunlicherweise nennen wir es: „Schmetterlinge im Bauch haben“!
Und auch der bunte Schmetterling auf der Postkarte ist eine Einladung sich zu verlieben: sich heute neu in dieses Leben zu verlieben…in dieses
Leben im aufkeimenden Frühling, voller Zartheit und den ersten Knospen und frischen Farben, wo die Natur sich nach grauen Wintertagen wieder bunt schmückt, so bunt wie der eine oder andere Schmetterlingsflügel! Der Schmetterling ist zahlreiches Symbol auch auf unseren Friedhöfen und nimmt unsere traurigen Gedanken und schwermütigen Gefühle mit in sein flattriges Davonfliegen hinein und schenkt uns eine neue Leichtigkeit und Hoffnung!
Der Schmetterling schenkt Trost. Er weckt ein Gespür für die Verletzlichkeit allen Lebens und die Geborgenheit bei Gott. Bei den Abschiedsfeiern für die Sternenkinder habe ich ein Schmetterlings-Gedicht, vielleicht auch -Gebet- einer verwaisten Mutter kennen gelernt. Das möchte ich Ihnen jetzt mitgeben: Jeder Schmetterling erinnert mich an dich:
Geträumt von dir
sehnsüchtig, voll Spannung
gespürt dein bewegen wie Flügelschlag
gefreut auf buntes Leben
und nun
entwischt dein Leben
nicht festzuhalten
nicht zu wiegen
nicht zu beschützen
nicht zu bestaunen dein Entfalten
entschlüpft aus dem Kokon
flügelleicht
jeder Schmetterling erinnert mich an dich
Monika Schwarzenböck
Jeder Schmetterling ein Bild, ein Symbol für unser Leben: verletzlich und immer neuen Veränderungen unterworfen…..manche umfassen wir voller Freude……gegen andere wehren wir uns……..und erleben sie dramatisch, ungewollt, wie ein heftiger Schicksalsschlag.
Wir halten gern fest. Und am liebsten ist es uns, wenn alles so bleibt wie es jetzt ist. Diese Gefühle kennen Sie vielleicht, denn gerade Ihre Kirchengemeinde wandelt sich: dieses Gebäude wird in naher Zukunft nicht mehr Kirche sein!
Die Gegenwart fordert kräftige Wandlungsprozesse heraus. Doch wenn man nur festhalten möchte, dann sind nicht Sehnsucht und Hoffnung die Triebfedern unseres Lebens, sondern das Einrichten in Zufriedenheit. Dagegen schickt Gott uns seinen Sohn und die Ereignisse rund um sein Leben:
Unbehaust….immer unterwegs…bedroht von den Mächtigen seiner Zeit, geliebt von den einen und gehasst von den anderen und schließlich: verraten, ausgeliefert, gefoltert und umgebracht.
Aber eben auch: auferstanden! Dieses göttliche Zeichen vergewissert uns: Leben ist eintauchen in tiefstes Leid und emporgehoben werden in höchstes Lebensglück!
Leben ist Wandel und Hoffen und Sehnsucht und Zartheit, die in den Taumel gerät und doch jeden Moment neu wird.
Und rein gar nichts davon läst sich festhalten! „Nothing is certain except change“! Amen
Predigt vom 03. März 2019
„Verwandlung“ mit Schmetterlingsreliquiar St. Petri, Geesthacht